Das Wessobrunner Gebet. Althochdeutscher Text und neuhochdeutsche Übersetzung.

Aus Lehr- und Veranschaulichungszwecken wird an den theoretischen Stoff das Wessobrunner Gebet mit der nhd. Übertragung angeschlossen. Das Manuskript stammt aus dem Jahre 814. Entstehungsort: Wessobrunner Kloster (südlich von München).

 

Dat gafregin ih mit firahim

firiuuizzo meista

 

Das erfragte ich bei den Menschen

(als) der Wunder größtes,

dat ero ni uuas

noh ûfhimil

 

daß die Erde nicht war

noch der Himmel oben,

noh paum [noh stein]

noh pereg ni uuas

 

noch [auch nur ein] Baum

noch ein Berg war,

ni [suigli sterro] nohheinîg

noh sunna ni scein

 

noch auch nur ein [heller Stern]

noch die Sonne schien,

noh mâno ni liuhta

noh der mâręo sêo.

 

noch der Mond leuchtete

noch der glänzende See.

Dô dâr niuuiht ni uuas

enteo ni uuenteo

 

Als da nicht irgendetwas war

(an) Enden und Wenden —

enti do uuas der eino

almahtîco cot

 

und doch war da der eine,

allmächtige Gott,

manno miltisto

enti dar uuarun auh manake mit inan

 

der Männer mildester,

und da waren auch eine Menge dabei

cootlîhhe geistâ

enti cot heilac ...

 

gütige Geister,

und der heilige Gott ...

Cot almahtico,

du himil enti erda gauuorahtôs

 

Gott, allmächtiger,

(der) du Himmel und Erde schufst

enti du mannun

sô manac coot forgâpi

 

und (der) du den Menschen

so viel Gutes gabst,

forgip mir in dîno ganâda

rehta galaupa

 

gib mir in deiner Gnade

rechten Glauben

enti côtan uuilleon

uuîstôm enti spâhida enti craft

 

und guten Willen,

Weisheit und `Durchblick' und Kraft,

tiuflon za uuidarstantanne

enti arc za piuuîsanne

 

(um) dem Teufel zu widerstehen

und das Arge abzuweisen

enti dînan uuilleon

za gauurchanne.

 

und deinen Willen

zu `wirken'.

 

 

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